Fast geschafft. 84 Stufen trennen mich noch von meiner rettenden Wohnungstür. Fahrrad in den Keller. Das wäre schon mal geschafft. Wenigstens ein kleiner Erfolg für heute. Etage für Etage suche ich nach Gründen und Ausflüchten, um mich nicht mit mir selbst beschäftigen zu müssen. Dingen, die ich noch tun muss.
Klamotten ausräumen und sortieren. Hagrid füttern und bespaßen. Abwaschen. Wäsche aufhängen. Unterlagen sortieren. Die kommende Woche in meinem Kalender planen.
Dass es dabei kurz vor zwölf ist und ich mittlerweile in einem dunklen Treppenhaus stehe, interessiert mich nur wenig. Ich schalte das Licht wieder an. Oh, der Nachbar aus der 3. Etage links hat eine neue Fußmatte. Wie hübsch. Oh, in der 4. Etage links ist die junge Frau ausgezogen. Gar nicht mitbekommen. Naja, wie auch, wenn einem das Vorbeihuschen an fremden Wohnungstüren eher wie ein Spießroutenlauf vorkommt und man bloß hofft, dass keine Tür aufgeht und man seine sozialen Kompetenzen, soweit sie denn vorhanden sind, spielen lassen muss.
Zögernd stehe ich vor meiner Tür. "Bist du erstmal hinter dieser Tür, kannst du jegliche Maske abnehmen und das ist meistens verdammt hässlich", denke ich mir. Man ist einsam, für sich, braucht sich nicht zu rechtfertigen. Allerdings und ich kann es gar nicht oft genug betonen: Einsam.
Schließlich ist es halb 3 nachts und ich falle tot auf den Boden meines Wohnzimmers. Hagrid tobt auf und neben mir herum. Kann mich mit seiner guten Laune aber nicht anstecken. Nun muss ich also feststellen, dass mein täglich absolviertes Verdrängungsprogramm aus Wohnungsputz und Nachbarschaftsvisite nicht die komplette Nacht ausfüllt. Mist.
Nach dieser durchaus fragwürdigen Methode dann aber festzustellen, dass man die wichtigen und unangenehmen Dinge ignoriert hat, wie wichtige Telefonate oder das Suchen nach einem neuen Therapeuten, das bringt erst richtig runter. Auch wenn es absehbar war. So, wie jeden Abend. Tja Laura, du bringst es wohl einfach nicht.
"Ich bin das einzige iPhone 5 in einer Welt voller Android-Telefone. Was allen hilft, passt nicht in meine Anschlüsse."
Und mit diesem Gedanken, gefunden in meinem aktuellen Lieblingsbuch "Morgen ist leider auch noch ein Tag" von Tobi Katze, falle ich für 2-3 Stunden in mein Bett. Auf dass ich es morgen endlich einmal hinbekomme.